22.04.2024 | Rückblick: Studierende der Hochschule für Polizei Baden-Württemberg besuchen den Europäischen Polizeikongress
Eine Delegation der Studiengruppe Kriminalpolizei-IT-Ermittlungen/IT-Auswertungen (K-IT) des 46. Jahrgangs besuchte am 16. & 17. April 2024 den Europäischen Polizeikongress in Berlin und nahm an einer Guided-Tour des Veranstalters „Behördenspiegel“ teil.
Der CityCube der Berliner Messe beherbergte zahlreiche Aussteller aus der Wirtschaft sowie Forenbeiträge von Experten im Bereich Öffentliche Sicherheit und Diskussionsrunden von Politikern. Die Messe bot Einblicke in aktuelle Produkte und Entwicklungen, darunter die Präsentation von innovativen Einsatzmitteln und Fortschritten in der Digitalisierung und Künstlichen Intelligenz im Strafverfahren.
Aus dem Bereich Ausrüstung war die Präsentation des „TactiScan“ beeindruckend. Dieses Gerät ermöglicht es verdächtige Substanzen durch bloßes Auflegen (in einem Plastikbeutel), auf diverse Betäubungsmittel zu prüfen und durch das Ergebnis einen Anfangsverdacht zu bestätigen. Ebenfalls kann der „TactiScan“ Personalausweise durch das Auflegen auf das Gerät, auf dessen materielle Zusammensetzung prüfen und somit den Verdacht einer Fälschung erhärten.
Die Firma AXON stellte ihre neue Bodycam, die „Body 4“ vor, mit der die Aufnahme live in das Lagezentrum und auf das Poliphone gestreamt werden kann. Weiterhin soll die Bodycam die Möglichkeit bieten untereinander zu kommunizieren. Diese Funktion soll jedoch ausdrücklich nicht das Funkgerät ersetzen, sondern kann bei aktuellen Lagen unterstützen beispielsweise durch einen Übersetzer. Zudem präsentierte Axon den neuen „Taser 10“ als moderne Distanz-Elektroimpulswaffe mit hohem Deeskalationspotenzial und Wirksamkeit.
Die Firma DJI-Enterprise präsentierte die aktuellen Einsatzgebiete und Möglichkeiten der Verwendung von Drohnentechnik in Sicherheitsbehörden. Das sogenannte „DJI-Dock“, ein „mobiles Drohnenhangar“ dient als „Out-of-the-Box-solution“. Es ermöglicht in kürzester Zeit und überall eine Drohne starten zu lassen, welche dank integrierter Wetterstation in jeder Wetterlage ihren Dienst verrichten kann, Die verbauten Kameras haben ein Weitwinkelobjektiv mit Thermalsicht und durch die Cloud-Steuerung ist es ebenfalls möglich die Drohne eine festgelegte Route in einem Umkreis von sieben Kilometern abfliegen zu lassen. Somit kann die Drohne selbstständig „Patrouille fliegen“. Das könnte für den polizeilichen Einsatz bedeuten, dass die Drohne durch eine Streifenbesatzung vor Ort gebracht wird und von dem qualifizierten Piloten notfalls von zuhause aus, gesteuert wird. Hierzu berichtete ein Drohnenpilot der belgischen Polizei, von dem Einsatz der DJI-Dock bei Großereignissen und zeigte Videomaterial von einem Zusammentreffen rivalisierender Gruppen bei Fußballspielen.
Die vielfältigen Vorträge über die aktuellen Entwicklungen zum Thema Digitalisierung und Künstliche Intelligenz (KI) in der Strafverfolgung ließen nicht nur die noch jungen K-IT-Herzen höher schlagen. Es wurde debattiert, wie man Künstliche Intelligenz in der Open Source Intellegence (OSINT)-Recherche verwendet, welche Möglichkeiten und Gefahren KI und Technik mit sich bringt, wie sie mit Massendaten umgehen kann sowie Szenarien eines Cyberwarfare durch KI gesteuerte Cybercrimeangriffe dargestellt und was der EU AI Act in dieser Hinsicht bringt.
Selbstverständlich ließ die Gruppe sich, trotz hohen Andrangs, die Präsentation des K-IT-Dozenten Prof. Dr. Johannes Fähndrich nicht entgehen. In dem Vortrag unter dem Titel „Thinking Machines: Automatisches Schlussfolgern in der Polizeiarbeit“, stellte Herr Prof. Dr. Fähndrich ein Konzept vor, bei dem KI aus Falldaten einen kriminalistisch logischen Schluss ziehen kann.
Des Weiteren wurden diverse Lösung für Prozessoptimierungen innerhalb der Sicherheitsbehörden vorgestellt. Das Programm P20 präsentierte eindrucksvoll die aktuelle Entwicklung von Software, welche die wenig einheitliche, etwas rückständige IT-Landschaft in der Fallbearbeitung harmonisieren soll.
Stashcat stellte ihre Komplettlösung für die Kommunikation in Sicherheitsbehörden vor. Mit einer Anwendung können Anrufe geführt, Nachrichten geschrieben und Dateien erstellt bzw. gesendet werden. Dies wird per Anwendung auf dem dienstlichen Mobiltelefon unter Berücksichtigung der notwendigen Verschlüsselung sichergestellt und ist mit Android, IOS und Windows-PC kompatibel. Diese Infrastruktur ist in den Polizeien der Länder Hessen, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern bereits in Verwendung.
Mit der australischen KI „SÖZE“ stellte der Hersteller AKKODIS eine skalierbare Analyseplattform vor, welche in der Lage ist, die Erkennung und Analyse von Netzwerken aus Menschen, Orten, Telefongesprächen, Nachrichten und Bildern (und bald auch von Videos, Dokumenten, Finanzdaten und sozialen Medien) automatisiert in einem nutzerfreundlichen System darzustellen. Herausstechend war die Fähigkeit, Dokumente und Nachrichten automatisiert auf die Zielsprache übersetzt darzustellen.
Der allgemeine Aufbau der Messe mit vielen Vorträgen und Präsentationen in Bezug auf KI-Systeme oder digitaler Tatortarbeit, sowie dem digitalen Tatort im Bereich der Cybercrime zeigen die kommenden Anforderungen an Ermittler und die moderne Strafverfolgung. Es gibt die handfeste Kompetenz als Drohnenpilot zur digitalisierten Aufbereitung von Einsatzgeschehen oder als Zusatz zur Aufklärung von Tatorten beizutragen. Ermittler können mit einfach verständlicher Software schnell ihre erstmal undurchsichtigen Tatorte und Asservate aufbereiten und direkt Spuren auf Plausibilität oder Zusammenhang prüfen. Der scheinbar bedrohliche Berg an Daten in kommenden Verfahren, Smartphones und Online-Profile sei Dank, kann so wieder beherrscht werden.
Auch IT-Laien brauchen hier keine Scheu zu haben.
Mit „nur“ 2 Monaten Kriminalpolizeilicher Arbeit im Bereich Cybercrime des Grundpraktikums konnten die K-IT Studenten mit vielen der Hersteller schon fachsimpeln und die Funktionen der angebotenen Software wertschätzen.
Der Besuch des Europäischen Polizeikongress war von vielen neuen Eindrücken geprägt und war äußerst informativ. Die schiere Masse an neuen Erkenntnissen und Gesprächen mit Experten hat es ermöglicht neue Eindrücke zu sammeln und Ideen für die anstehende Bachelorarbeit zu sammeln zu der viele Unternehmen auch ihre Fachexpertise als Unterstützung angeboten haben. Ebenso konnten Kontakte zu Experten geknüpft werden.
Die Studiengruppe freute sich über die Ermöglichung dieser lehrreichen Erfahrung.